In Harmony Square schlüpfen die Schüler*innen in die "Täterperspektive" und erfahren in der Rolle eines Misinformationsbeauftragten, wie man erfolgreich manipulative Nachrichten und emotionale Posts nutzt, um ein Problem aus dem Nichts zu erschaffen, Leute gegeneinander aufzuhetzen und dabei den eigenen Einfluss über soziale Medien zu vergrößern. Dabei begegnen sie im Verlauf der 4 Kapitel des Spiels 5 unterschiedlichen Manipulationstechniken, die üblicherweise bei der Verbreitung von Desinformationen angewandt werden. Durch die neue Perspektive erhalten die Schüler*innen erstmals tiefere Einblicke in die Funktionsweise von Falschnachrichten. Damit schafft Harmony Square Anreize für Reflektionsmomente, welche im Anschluss an das Spielgeschehen eine tiefergehende Bearbeitung der Thematik ermöglichen.
Im Anschluss werden die zuvor im Spiel durchgeführten Manipulationstechniken in der Reflektionsphase angesprochen und thematisiert. Die Schüler*innen finden wieder zurück in ihre gewohnte Perspektive der Rezipient*innen und nutzen die gesammelten Eindrücke um darauf aufbauend die Wirkung von Falschnachrichten auf sie selbst und den persönlichen Umgang damit zu reflektieren. Anschließend werden in Gruppenarbeit Leitfäden für den Umgang mit Falschnachrichten erstellt.
Das Spiel fungiert als "psychologische Impfung", bei der durch die Erkennung von abgeschwächten Manipulationsmechanismen im Spiel die Sensibilität für diese im echten Leben gestärkt wird. So hat das Spielen von "Harmony Square" nachweislich einen positiven Effekt auf die Erkennung von Falschinformationen und schränkt das Teilen von Falschinformationen ein.
Reale Falschnachrichten mit aktuellem Themenbezug:
Den Schüler*innen werden 5-6 verschiedene Posts mit Falschnachrichten von sozialen Plattformen wie z.B. Twitter gezeigt. Sie bewerten die Posts aufgrund der Glaubwürdigkeit mit 1-5 Sternen und notieren sich ihre Einschätzung sowie einer stichwortartigen Begründung.
Die Benotung anhand der Sterne steht für:
1 Stern = absolut unglaubwürdig
2 Sterne = (eher) unglaubwürdig
3 Sterne = weder noch/ nicht sicher
4 Sterne = (eher) glaubwürdig
5 Sterne = absolut glaubwürdig
Nachdem die Schüler*innen sich ihre Einschätzungen notiert haben, wird der Wahrheitsgehalt der Nachrichten von der Lehrkraft erläutert. Dabei ist wichtig zu klären, welche Teile der Nachrichten eventuell stimmen oder einen wahren Kern enthalten. Sind die Nachrichten komplett aus der Luft gegriffen? Welche Motive stecken eventuell hinter der Nachricht? Auf welche Art und Weise wurden die Nachrichten dargestellt? Die Schüler*innen sollen einen ersten Eindruck erhalten, welche Mechanismen Falschnachrichten benutzen um Aufmerksamkeit zu generieren.
Die 6 Posts enthalten idealerweise auch eine wahre Nachricht, die aber unglaublich erscheint. Ziel des Einstiegs ist ein bewusster Kontakt der Schüler*innen mit Falschnachrichten um aufzuzeigen, wie schwer es teilweise sein kann, diese von echten Nachrichten zu unterscheiden.
Die Posts sollten von der Lehrkraft recherchiert werden, um einen Bezug zum aktuellen Geschehen aufzuweisen. Gesellschaftliche Debatten oder politische Geschehnisse können als reale Beispiele für die gefährliche Wirkung von Falschnachrichten angeführt werden, wenn durch die einführenden Posts deutlich wird, wie z.B. ein Konflikt angeheizt und damit eine Einigung erschwert wird.
Aktuelle Falschnachrichten mit Faktencheck gibt es z.B. auf Mimikama, Correctiv oder der Suchmaschine für Falschnachrichten Hoaxsearch
Alternativ gibt es ein paar beispielhafte Falschnachrichten im Anhang, auf die zurückgegriffen werden kann. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der aktuelle Themenbezug und Kontext einer Falschnachricht den Rahmen der Unterrichtseinheit bilden kann und das Interesse der Schüler*innen deutlich besser weckt.
Plenum
- 6 Posts mit aktuellem Themenbezug, welche von der Lehrkraft im Vorraus recherchiert werden
- alternative Falschnachrichten finden sich im Anhang
Die Schüler*innen erhalten von der Lehrkraft den Link zum Browserspiel Harmony Square.
Innerhalb der 30 Minuten können die Schüler*innen das Spiel einmal komplett durchspielen. Schnellere Spieler*innen können einen zweiten Anlauf starten, um andere Dialog-Optionen auszutesten.
Vor dem Spielbeginn macht die Lehrkraft die Schüler*innen darauf aufmerksam, dass die Spielstände nicht gespeichert werden und das Browserfenster deshalb nicht geschlossen werden sollte, da man ansonsten von vorne anfangen muss.
Einzelarbeit
Tablet, Laptop, PC oder Smartphone
Die Schüler*innen nehmen einen Perspektivwechsel vor (von der "Täterrolle" im Spiel hin zur Rolle der Rezipient*innen). In einer Gruppendiskussion werden die im Spiel benutzten Manipulationstechniken reflektiert und benannt. Nach der Sensibilisierung für solche Methoden soll es in der Diskussion um den Schutz davor gehen. Zudem kann das Gefahrenpotential von Manipulation (in Hinblick auf die Meinungsbildung, Demokratie, Wahrheit, usw.) thematisiert werden. Folgende Diskussionsfragen bieten sich an:
Diskussionsfragen
- Mit welchen Methoden wurden im Spiel Menschen manipuliert?
- Welche Methoden waren besonders wirksam?
- Wie bauen die Methoden aufeinander auf bzw. wie greifen sie ineinander?
- Wie kann man sich vor diesen Manipulationstechniken schützen?
- Welche Gefahren gehen von Falschnachrichten und bewusster Manipulation aus?
- Welche Implikationen haben Falschnachrichten für die Meinungsbildung in einer Demokratie?
- Welchen Stellenwert besitzt die Wahrheit in diesen Situationen? (Wahrheit als angestrebtes Ideal versus Einfluss und Reichweite; Aufmerksamkeit als oberstes Gut)
Die Lehrkraft benennt die im Spiel genutzten Manipulationstechniken (Trollposts, emotionale Sprache, Polarisierung, Verschwörungstheorien, Verzerrung der Bedeutsamkeit durch Bots und Fake-Likes) und kann diese eventuell um weitere Aspekte mit Bezug auf die aktuellen Posts ergänzen.
Plenum
Auf die Diskussion aufbauend erarbeiten die Schüler*innen Leitfäden zum Umgang mit Falschinformationen. Dabei können die aktuellen Posts des Einstiegs als Negativbeispiel genutzt werden.
Folgende Fragen können als Ausgangspunkt der Leitfäden dienen:
- Wie erkenne ich falsche Informationen?
- Wie gehe ich mit emotional aufgeladenen Themen um?
- Wie führe ich einen Faktencheck durch?
- Woran erkenne ich eine seriöse Quelle?
- Welche Hilfsmittel gibt es, um Nachrichten zu überprüfen?
Die Leitfäden sollen für die Schüler*innen als Richtlinien gelten. Dabei beziehen sie sich auf verschiedene Ebenen des Umgangs mit Falschinformationen. Durch die eigene Zusammenstellung in der Gruppe erhalten die Leitfäden einen persönlichen Charakter und knüpfen an die Lebenswelten der Schüler*innen an.
Zur Erstellung der Leitfäden können Beiträge wie z.B. diese Anleitung zum Faktencheck als Orientierung genutzt werden, das Ziel sollte jedoch ein persönlicher zugeschnittener Leitfaden sein, den die Schüler*innen auch selbst in ihrem Alltag benutzen.
Gruppenarbeit